Pressemitteilung: Gleichstellungspolitik in Deutschland: Zwischen Fortschritt und Kompromiss
Der Deutsche LandFrauenverband zieht Bilanz nach vier Jahren Großer Koalition
Berlin, 19.07.2017 – Es gibt weiterhin viel zu tun in der Gleichstellungspolitik. Die gleiche Bezahlung von Frau und Mann ist mit 21 Prozent Unterschied in weiter Ferne. Doch Entgeltungleichheit ist nur einer von vielen Gründen, der dazu führt, dass die Rentenkluft zwischen den Geschlechtern im Alter auf 53 Prozent ansteigt. Auch Erwerbsunterbrechungen aufgrund unzureichender Infrastruktur und fehlender Betreuungsangebote verschärfen diese Situation.
Der Deutsche LandFrauenverband (dlv) setzt sich dafür ein, dass Frauen mit ihren Familien in ländlichen Räumen gerechte Chancen erfahren.
„Die Altersarmut in Deutschland nimmt stark zu. Für immer mehr Seniorinnen und Senioren wird es unmöglich sein, einen sorgenfreien Ruhestand zu genießen. Vor allem Frauen, die oft keinen geradlinigen beruflichen Weg gehen, weil sie Kinder erziehen, Eltern pflegen und ihrem Mann den Rücken freihalten, sind betroffen. Auch in dieser Legislaturperiode ging die Rentenpolitik an den Lebensrealitäten vieler Frauen vorbei“, so Brigitte Scherb, Präsidentin des dlv.
Wie vielfältig die Gründe für die Rentenlücke sind, zeigt der Film, den der dlv im Rahmen des Frauenbündnisses gegen Altersarmut mitgestaltet hat.
Eine positive Entwicklung ist das Bekenntnis der Regierung zur Frauenquote und der Schritt in Richtung gleiche Bezahlung mit dem Entgelttransparenzgesetz. Erste Zahlen in Bezug auf die Quote zeigen, dass sie überall dort, wo es bindende Vorgaben gibt, wirkt. Bei der diesjährigen Sozialwahl hat der dlv erneut eine paritätische Besetzung der Wahllisten eingefordert. Trotz klarem Bekenntnis im Koalitionsvertrag konnte sich die Bundesregierung auf keinen Kompromiss einigen. Eine festgeschriebene paritätische Besetzung der Wahllisten ist nicht erfolgt. In Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl zeigen Prognosen sogar, dass der Frauenanteil der Abgeordneten im Bundestag mit 32 Prozent so niedrig sein wird wie vor 15 Jahren.
„Diese Entwicklungen zeigen, dass Lippenbekenntnisse nicht ausreichen, um Parität als gelebte Praxis zu etablieren. Gesetzliche Regelungen sind nötig. Auch im Bereich gleiche Bezahlung hat Freiwilligkeit nicht dazu geführt, die Entgeltlücke abzubauen. So ist das Gesetz zur Entgelttransparenz ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu mehr Gleichstellung. Seine Wirkung muss sich jedoch erst zeigen, zumal es dort starke Einschränkungen durch die erforderliche Unternehmensgröße und das fehlende Verbandsklagerecht gibt“, sagt Scherb.
Der Kampf um die sogenannte Mütterrente hat in dieser Legislaturperiode die Aufstockung auf zwei Rentenpunkte für Mütter erwirkt, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben. Die Anpassung auf das jetzt gültige Niveau von drei Rentenpunkten steht jedoch noch aus.
„Auch bei der nächsten Regierung werden wir uns hartnäckig für die Interessen der Frauen auf dem Land stark machen. Der Weg zur Gleichstellung muss viel breiter gedacht werden. Eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit muss gesellschaftlich zu einer Selbstverständlichkeit werden. Auch der Ausbau von Kinderbetreuung und Ganztagsschulen muss in den ländlichen Regionen stärker vorangetrieben und die finanzielle Aufwertung der Sorgearbeit stärker in den Fokus genommen werden“, fordert dlv-Präsidentin Scherb.