03.03.2014

Ländlicher Raum mit Zukunft!

10 Punkte – Forderungen der LandFrauen für lebensfähige ländliche Räume

(März 2014)

Etwa 90 Prozent der Fläche Deutschlands zählen zu den ländlichen Räumen. Mehr als die Hälfte der Einwohner leben in Dörfern und Gemeinden ländlicher Regionen. Für viele Menschen bedeutet ‚Land‘ eine romantische Idylle mit Natur, Ruhe und Rückzugsmöglich-keiten. In Wirklichkeit verbergen sich dahinter Regionen, die sich aufgrund der ökonomischen und demografischen Rahmendaten extrem unterschiedlich entwickelt haben. Wirtschaftlich starke Regionen gehören ebenso dazu wie Gebiete mit hoher Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Überalterung.

Ländliche Räume brauchen Perspektiven. Der Niedersächsische LandFrauenverband Hannover (NLV) hat ein 10-Punkte-Programm zusammengestellt, damit Dörfer und Gemeinden auch in Zukunft als Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Erholungsraum erhalten bleiben.

1.     Ländliche Räume brauchen gezielte Entwicklungskonzepte, die auf die jeweiligen demografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugeschnitten sind. Allgemeingültige Lösungskonzepte für „den“ ländlichen Raum gibt es nicht. Die unterschiedlichen Kernkompetenzen der Regionen müssen erkannt und gestärkt werden. Die jeweils regionalen Standortvorteile z.B. in den Bereichen Landwirtschaft, Energie, Tourismus müssen genutzt und die weiteren Entwicklungen und Förderungen darauf abgestimmt werden. Eine systematische Zusammenarbeit der Kommunen z. B. bei Infrastrukturmaßnahmen und Bauvorhaben, muss zur Regel werden.

2.    Menschen im ländlichen Raum brauchen eine effiziente, zeitgemäße und gleichwertige Versorgung mit Leistungen und Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge – in allen Lebensphasen. Dringender Handlungsbedarf besteht vor allem in Hinblick auf die medizinische Versorgung (Ärztemangel, Pflegeeinrichtungen), aber auch in Hinblick auf den ÖPNV, sowie die Energie- und Wasserversorgung. Gerade bei der Daseinsvorsorge verstärken sich die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und der allgemeinen Abwanderungstendenzen wechselseitig. Ältere Menschen und junge Familien sind auf ein Mindestmaß an Versorgungseinrichtungen angewiesen.

3.    Der zügige, flächendeckende Aufbau von Hochleistungsnetzen ist unverzichtbarer Bestandteil für die Entwicklung ländlicher Räume. Zurzeit gibt es auf dem Land noch Übertragungsraten von teilweise unter 1 Mbit/s. Dies ist ein unhaltbarer Zustand angesichts der schnell fortschreitenden Technik in diesem Bereich, die bis zu 200 Mbit/s ermöglicht. Der Ausbau nur in Ballungs- und deren Randgebieten darf nicht sein, da dies ein ‚Abhängen‘ ländlicher Räume bedeutet. „Weiße Flecken“ schränken Unternehmen aller Wirtschaftszweige in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und verhindern neue Existenzgründungen. Dies gilt auch für Frauen, die über Homeoffice- Arbeitsplätze Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren könnten.

4.    Ländliche Regionen kämpfen mit zunehmendem Fachkräftemangel. Um vor allem das Potenzial von Frauen besser einzubinden sind flexible Betreuungseinrichtungen, gezielte Arbeitszeitmodelle für verschiedene Lebensphasen, ein individueller Wiedereinstieg in Teil- und Vollzeit und kontinuierliche Fortbildungsmaßnahmen erforderlich. Neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf rückt dabei die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf immer mehr in den Mittelpunkt.

Der Abbau von Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern muss vor allem im ländlichen Raum vorangetrieben werden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Eine weitere Voraussetzung für den Abbau des Fachkräftemangels ist eine bessere Bezahlung der typischen Frauenberufe, z.B. im Pflegebereich.

5.    Landwirtschaft ist das Rückgrat ländlicher Räume. Land- und Ernährungswirtschaft sind zusammen – nach der Automobilindustrie – der zweitwichtigste Wirtschaftssektor in Niedersachsen. Sie ist zuständig für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion und leistet einen steigenden Beitrag zur Energie- und Rohstoffversorgung. Sie erhält zudem als „ unbezahltes Nebenprodukt“ unsere Kulturlandschaften, die für die Freizeit-gestaltung und den Tourismus von großer Bedeutung sind. Unsere Landwirtschaft kann jedoch diese Leistungen nur erbringen, wenn ihre Existenz nicht durch überzogene Vorschriften in Gefahr gerät. Instrumente der Struktur- und Förderpolitik sind außerdem so einzusetzen, dass landwirtschaftliche Familien in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben verlässlich, nachhaltig und wirtschaftlich effizient zu erfüllen.

6.    In Deutschland werden jeden Tag 74 ha für Siedlungen und Verkehrsflächen benötigt. In der Regel gehen diese zu Lasten der Landwirtschaft. Um die Funktionen landwirtschaftlicher Nutzflächen zu sichern, ist daher eine regionalspezifische und umfassende Flächennutzungsstrategie nötig, die die Nahrungsmittelproduktion ebenso berücksichtigt wie die Energiewende, den Siedlungsbau und den Naturschutz. Die Entsiegelung muss dabei Vorrang vor Bodenversiegelung haben. Zudem dürfen Ausgleichsmaßnahmen nicht dazu führen, dass landwirtschaftliche Nutzflächen dauerhaft aus der Produktion genommen werden, denn das Fehlen ausreichender Flächen führt bereits jetzt zu Existenzproblemen in der Landwirtschaft.

7.    Die Erhaltung der Dorfkerne einschließlich der Sanierung von Altbauten muss Vorrang vor der Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete haben. Bei Neubauten ist z.B. auf eine flexible Bauweise zu achten, die bei unterschiedlichem Nutzungsbedarf ohne großen Aufwand geändert werden kann.

8.    Bildung ist eine Investition in die Zukunft. Der Erhalt der Grundschulen sowie der Ausbau von Ganztagsschulen müssen im ländlichen Raum trotz abnehmender Kinderzahlen sichergestellt werden; die Rentabilitätsfrage muss eine andere Gewichtung erfahren. Nur wo Schulen erhalten bleiben, werden sich auch Familien ansiedeln. Die Berechnung der Zuwendungen für Ganztagsschulen darf nicht ausschließlich auf die Zahl der teilnehmenden Schüler/innen basieren. Vielmehr müssen die besonderen Voraussetzungen im ländlichen Raum wie geringere Kinderzahlen, Lehrerpotential und weniger Kooperationspartner berücksichtigt werden.

Fort- und Weiterbildung in der Erwachsenenbildung müssen aufgrund bestehender Erschwernisse im ländlichen Raum besonders gefördert werden.

9.    Zu einer zukunftsweisenden Entwicklung ländlicher Räume gehört eine angemessene Einbindung und Nutzung von EU-Fördermöglichkeiten im Rahmen der „Europa 2020- Strategie“. Hierzu zählen u.a. die Sicherstellung der erforderlichen Co-Finanzierung sowie die Umsetzung von speziellen Frauenförderprogrammen. Die Förderung von Diversifizierungen (Schwerpunkt 3) muss sowohl investive als auch nicht investive Maßnahmen umfassen. Darunter fallen auch Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen, die Basis für weitere Einkommensquellen sein können.

10.  Der Reichtum des ländlichen Raumes liegt u.a. im ehrenamtlichen Engagement aller dort lebenden Menschen. Damit dieses auch in Zukunft gesichert ist, brauchen alle Vereine und die Vereinsarbeit Unterstützung, Beratung und Anerkennung durch die Kommunen und das Land. Eine institutionelle Förderung ist dringend angeraten. Ehrenamtliche in gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Vereinen, in eingetragenen und nicht eingetragenen Vereinen müssen in Hinsicht auf Haftung, Versicherungen, Steuern und Finanzen besser abgesichert werden als bisher. Die LandFrauen setzen sich u.a. für die Anerkennung ehrenamtlichen Engagements mit Rentenpunkten ein.

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